Wie der Domberg entstand

Es ist schon eine ganze Weile her, im Jahre 1700 oder so. Genau kann man das nicht mehr sagen, weil man früher noch nicht alles online gepostet hat. Da ging schon mal was verloren. Und so ein Selfie hat auch gerne mal eine Woche oder länger gedauert. Das ist aber wieder eine andere Geschichte!
Damals hat man gerade erst die Berge erfunden und nicht jeder konnte sich einen eigenen leisten. Manche gaben sich ja mit Hügeln zufrieden, aber die Suhler waren schon immer irgendwie anders!
Hügel waren ihnen zu popelig und einen Berg hatten bestimmt auch bald alle Reichen und Mächtigen! Es musste also etwas ganz Besonderes, etwas ganz Großes werden. Nun trug es sich zu, dass sich genau zu dieser Zeit ein hoher Gast vom Rhein in Suhl aufhielt. Wer sich auskennt, weiß, dass es bis heute keine richtigen Berge am Rhein gibt. Aber es gibt dort diesen einen Dom, den jeder kennt! So etwas wollten die Suhler auch! Nun konnten die Suhler nur schnitzen, gießen, gravieren und schießen. Mit diesen Fähigkeiten lässt sich aber kein Dom bauen! Guter Rat war teuer und teuer kam für die Suhler noch nie infrage!
Da die Suhler aber auch zu dieser Zeit schon große Stücke auf sich hielten, hatten sie, wie alle wichtigen Städte, eine eigene Hexe! An diese wandten sie sich nun und trugen ihr das Problem vor. Sie benötigten Baumeister, die ihnen den schönsten und größten Dom an den Fuß ihrer Stadt bauten.
Nun, mit Baumeistern im herkömmlichen Sinne konnte die Hexe natürlich nicht dienen aber sie konnte Bau-Trolle erschaffen! So ergab es sich also, dass die Suhler ihren Dom von Trollen erbauen lassen wollten.
Als Gegenleistung verlangte die Hexe lediglich von jedem Erwachsenen eine einzige Kartoffel pro Jahr. Und das auch nur so lange, bis der Dom errichtet war. Ein durchaus fairer Handel; da waren sich alle einig!
So begannen die Trolle also ihr Werk und anfänglich ging es auch gut voran. Ein Fundament wurde ausgehoben und der Dom wuchs in die Höhe. Alle waren zufrieden – hätte man meinen müssen. Wir hatten es hier aber mit Suhlern zu tun und so ein Suhler ist eigentlich nie ganz zufrieden! Also geschah, was geschehen musste! In einem Jahr kam ein besonders geiziger Zeitgenosse auf die Idee, seine Kartoffel heimlich gegen einen Stein zu tauschen. Bei so vielen Knollen würde die Hexe das nie merken. Nun war dieser geizige Suhler zu allem Unglück auch nicht wirklich der Hellste und prahlte am Abend vor seiner Frau mit seiner List. Die konnte natürlich ihren Mund auch nicht halten und plapperte am nächsten Morgen in der Weiberwirtschaft alles aus. Man kann sich schon denken, wie die Sache weiterging! Nun war die Hexe natürlich nicht besonders erfreut über den Lauf der Dinge und schwor fürchterliche Rache. Jedes Mal, wenn sie statt auf eine Kartoffel auf einen Stein biss, ließ sie das gesamte Bauwerk einfach einstürzen. Die Trolle begannen auf dem Trümmerhaufen einfach wieder von neuem mit ihrem Bau. Es waren halt nur Trolle! So vergingen viele Jahre! Erst hatte Suhl einen Hügel, dann hatte Suhl einen Berg. Da der Berg aus den Trümmern eines Domes entstand nannte man ihn den Domberg. Alle gewöhnten sich an den Zustand und so hätte es noch ewig weitergehen können. Aber irgendwann wurde der Domberg einfach zu groß, er begann nach und nach die Stadt unter sich zu begraben. Es musste etwas geschehen.
Der Vertrag mit der Hexe war schnell gelöst, die hatte nämlich überhaupt keine Lust mehr auf Kartoffeln und ihr Steingarten hatte auch schon ein beträchtliches Ausmaß angenommen! Blieben noch die Trolle! Man kann einen Bau-Troll nicht einfach entlassen, ein Bau-Troll muss bauen! Was konnte man also tun? Man konnte ja die Trolle auch nicht bestrafen, sie haben ja eigentlich gute Arbeit geleistet!
Also ließ man sie unter ihrem eigenen Berg einen Gewölbekeller errichten. Dann ließ man sie unter ihrem Berg Stollen und Höhlen graben. Und als sie tief genug in ihren eigenen Berg vorgedrungen waren, verschloss man den Eingang und baute zur Sicherheit noch ein großes Haus drüber. Hexe besänftigt, Trolle weg, alles gut! Allerdings sieht man die Suhler seither nur noch griesgrämig durch die Gegend laufen. Sie hätten so gerne ihren eigenen Dom besessen. Einen Berg hatten mittlerweile ja viele! Selbst die Hexe hatte, dank ihres Geizes, einen eigenen beachtlichen Hügel! Es gingen viele Jahre ins Land und die Geschichte drohte in Vergessenheit zu geraten. Man hörte nur manchmal ein Grollen aus dem Innern des Berges und baute zur Besänftigung schnell eine Kapelle an seinen Fuß! Obendrauf kam ein Turm und so hatte man wenigstens die Illusion eines sehr hohen Domes. War nicht dasselbe, der Griesgram blieb, aber man gewöhnt sich bekanntlich ja an vieles!
Bis eines schönen Tages im Jahre 2015 jemand auf die Idee kam, das Haus auf dem Eingang zum Gewölbekeller der Trolle einfach wegzureißen! Das Grollen wurde immer lauter, die Trolle waren anscheinend immer noch im Berg und wollten nun wieder nach draußen! Den Alten schien das allerdings egal zu sein, so dass nun wohl die Kinder ran mussten.

weiter zu "​Wie die Kinder den Griesgram aus der Stadt vertrieben"