Es
war einmal ein alter Troll, der seit vielen Jahrhunderten Bauwerke gegen den
Griesgram erschuf. Er war ein Bau-Troll und es war seine Aufgabe, solche
Bauwerke zu erschaffen. Es bereitete ihm sogar Spaß, gegen den Griesgram
anzugehen. Viele seiner Kumpane machten ebenfalls tagaus, tagein nichts anderes
als Bauwerke zu schaffen und sich dem Griesgram entgegenzustellen. Es war ihre
Bestimmung und sie konnten auch nichts anderes.
Aber dieser eine Troll war irgendwie anders. Ihn erfüllte eine Sehnsucht, die
er nicht in Worte fassen konnte. Allerdings haben Trolle auch nur einen sehr
kleinen Wortschatz! Wann immer er eine glückliche Menschenfamilie sah, überkam
ihn so ein Gefühl, das wir Menschen wohl als Schwermut bezeichnen würden. Der
alte Troll konnte sich das Gefühl nicht erklären und so beschloss er eines
Tages, seine Schöpferin, die alte Hexe aufzusuchen. Dieser schilderte er seine
Gefühle und sie erkannte recht schnell das Problem.
Der
Troll hatte so lange Zeit bei den Menschen zugbracht, dass er sich einige ihrer
Eigenarten angewöhnt hatte. So etwas kommt zwar sehr selten vor, aber es kann
eben doch passieren. In diesem speziellen Fall wünschte sich der Troll eine
eigene Familie mit Frau und Kindern und allem, was dazu gehört. Er hatte sich
menschliche Gefühle angeeignet und sehnte sich nach Liebe und Geborgenheit. Das
war natürlich ein sehr außergewöhnlicher, großer Wunsch und es stand nicht in
der Macht der Hexe, diesen zu erfüllen. Noch nie hatte jemand ein Troll-Mädchen
gesehen und die Hexe war sicher, dass es auch keinen Zauber gab, mit dem man
ein solches Wesen erschaffen konnte. Also schickte sie den armen Troll wieder
an die Arbeit, versprach ihm aber, zur nächsten Walpurgisnacht den Hexenrat zu
befragen. Traurig schulterte der alte Troll seine Hacke und zog von dannen. Nun
war er selbst vom Griesgram befallen! Alle Menschen, denen er begegnete,
bekamen es mit der Angst zu tun. Wer sollte ihnen jetzt noch gegen den
Griesgram beistehen wenn selbst die Trolle nicht mehr immun waren? Auf seinem
Weg durch die Stadt musste er auch beim Wirt vorbei. Dieser half den Bürgern
von Suhl vor langer Zeit schon einmal gegen den Griesgram und fürchtete sich
nicht. Er lud den Troll in seine Schenke ein und gab ihm reichlich zu Essen und
sogar einen großen Humpen bestes Bier. Darüber konnte der alte Troll sich noch
freuen und der Wirt wusste, dass noch nicht alles verloren war. Er musste
unbedingt wissen, was geschehen war. Und tatsächlich; nach der dritten riesigen
Portion Fleisch und Bier begann der Troll dem Wirt sein Leid zu klagen. Der
hörte aufmerksam zu und es wurde ihm ganz warm ums Herz. Sofort war klar, dass
er helfen musste, was er dem Troll auch versprach. Voller Hoffnung begab sich
dieser wieder an die Arbeit und versprach nach einer Weile wieder
vorbeizuschauen.
Natürlich
war dem Wirt sofort klar, dass er eine riesige Last zu tragen hatte, wenn der
Griesgram unter den Trollen um sich griff, war auch bald ganz Suhl verloren. Er
musste schnell handeln! Sofort versammelte er alle Weisen der Stadt um sich um
diese um Rat zu fragen. Aber selbst die Ältesten unter ihnen hatten noch nie
von weiblichen Trollen gehört. Also begann der Wirt die ganze Stadt nach
Büchern zu dem Thema zu durchforsten und wurde auch irgendwann fündig. Fünf
dicke Wälzer fand er in den alten Ruinen, schlecht erhalten, aber gerade noch
lesbar. Viele lange Nächte verbrachte er mit der Lektüre ohne auch nur einen
Anhaltspunkt zu finden. Gerade, als er schon aufgeben wollte, fand sich doch
noch ein Hinweis auf Troll-Mädchen.
Die Legende berichtete von einem mächtigen König, der vor vielen Tausend Jahren
lebte und sich immer die stärksten und klügsten Trolle hielt. Auch von diesen
Trollen sehnte sich irgendwann einer nach Frau und Kindern. Natürlich
befürchtete der König, dass sich nun der Griesgram in seinem Reich ausbreiten
könnte und so suchte auch er nach einer Lösung. Er beauftragte alle Hexen und
Magier im Land, sich von nun an nur noch einer Aufgabe zu widmen; sie sollten
eine Troll-Frau erschaffen! Viele Jahre gingen ins Land, der Griesgram wurde
immer mächtiger und ein grauer Schleier legte sich über das ganze Reich. Alles
schien verloren, als eines Tages ein besonders alter Magier beim König
vorsprach. Er hatte eine große Truhe bei sich und tat sehr geheimnisvoll. Da er
nur mit dem König persönlich reden wollte, weiß niemand, was an diesem Tage wirklich
besprochen wurde. Die Gerüchte besagen, dass sich in der Truhe acht große Eier
befanden. Zusätzlich gab es wohl eine Anleitung, wie mit den Eiern verfahren
werden sollte. Ein Ei bekam der griesgrämige Troll und ward nie wieder gesehen.
Angeblich wurden die restlichen sieben Eier und die Anleitung auf der ganzen
Welt verteilt, damit niemand diese mächtigen Artefakte in die Hände bekam.
Nur
wer sich wirklich als würdig erwies, war in der Lage Eier und Schriftstück
zusammenzutragen und gegen den Griesgram zu verwenden. Soweit also die Legende
von den sieben Troll-Eiern!
Der Wirt konnte nicht sagen, wieviel Wahrheit in diesen Worten steckte, aber er
sah keine andere Möglichkeit, seine schöne Stadt zu retten. Die mutigsten
Burschen der Stadt entsandte er, die Eier und das Schriftstück zu suchen. Er
gab ihnen ein halbes Jahr Zeit und versprach ihnen eine fürstliche Belohnung,
sollten sie erfolgreich heimkehren. Die Burschen verteilten sich in alle
Himmelsrichtungen und ein jeder hoffte, als Held zurückzukehren. In der Stadt
konnte man nun nur noch abwarten.
Lange passierte nichts und die Hoffnung schwand. Der alte Troll hatte alle
Freude an seiner Aufgabe verloren und drohte auch seine Kumpane anzustecken.
Langsam zog nun auch ein grauer Schleier über Suhl. Nach und nach kehrten die
Burschen mit leeren Händen zurück und verkrochen sich vor Scham. Nur auf einige
wartete man vergebens. Manche meinten, dass sie sich aus Furcht vor dem
Griesgram in anderen Teilen der Welt niedergelassen hätten. Aber so feige waren
diese jungen Männer nicht! Genau einen Abend vor Ablauf der Zeit trafen sie
sich zufällig in einer Herberge auf dem Suhler Domberg und ließen sich dort zur
Nachtruhe nieder. Der Abstieg in der Dunkelheit war dann doch zu gefährlich und
noch war ja genug Zeit. Ein jeder von ihnen trug ein Bündel bei sich, welches
er nicht aus den Augen ließ. Das beobachtete natürlich auch der Herbergsvater
und hegte nun große Hoffnung auf Rettung vor dem Griesgram. Überschwänglich lud
er die Burschen auf Speis und Trank ein. Davon machten diese auch reichlich
Gebrauch, besonders dem Wein und Bier waren sie sehr zugetan. Wie das nun aber
so ist mit dem Alkohol, die Burschen wurden übermütig!
Sie
schlossen Wetten ab, wer es am schnellsten in der Dunkelheit bis zur Schenke des
Wirtes schaffte. Gesagt, getan! Klar, dass niemand den Abstieg heil überstand,
geschunden, betrunken und mit leeren Händen kamen sie in der Stadt an! Das
gesamte Volk war schon auf den Beinen um ihre Rückkehr gebührend zu feiern und
dann diese Schmach! Niemand glaubte ihnen, dass sie auch nur eines der Eier
gefunden hatten und man wollte sie nach Strich und Faden verprügeln. In diesem
Moment kam der Herbergsvater vom Domberg hinzu und bestätigte ihre Geschichte!
Besser wurde ihre Situation dadurch natürlich auch nicht, denn die Eier
schienen nun für immer verloren.
Lange Zeit stand man betreten beisammen und überlegte, was nun zu tun sei.
Irgendwann fielen dem Wirt die Suhler Kinder ein und es schien, dass auch
diesmal nur sie in der Lage waren, Suhl vom Griesgram zu befreien…