Die
Kinder brauchten einen Plan und die Kinder brauchten einen Verbündeten. Und
manchmal kommt einem tatsächlich der Zufall zu Hilfe! So auch hier. In Suhl gab
es einen Erwachsenen, der nicht dort geboren wurde, aber schon sehr lange Zeit
dort lebte. Dieser Erwachsene wurde natürlich auch vom allgemeinen Griesgram
angesteckt, aber irgendetwas in ihm kämpfte dagegen an! Ständig war er auf der
Suche nach Gleichgesinnten und Menschen, bei denen noch Hoffnung bestand.
Häufig dachte er, dass er nun jemanden gefunden hatte, der mit ihm gegen den
Griesgram kämpfen wollte, aber genauso häufig stieß er auf Suhler, die nur ihre
Ruhe haben wollten und ihm deshalb das Blaue vom Himmel versprachen, aber sich
nie daran hielten. Naja, man kennt das ja…jedenfalls in Suhl. Aber eines Tages
kam auch er auf die Idee, sich mit den Kindern der Stadt zu verbünden. Und
siehe da, es gab wieder Hoffnung!
Gemeinsam
suchten sie sich einen ortsansässigen Wirt auf und erklärten ihm ihr Anliegen.
Der Wirt erklärte sich spontan bereit, mit den Kindern gemeinsam gegen den
Griesgram vorzugehen. Der Griesgram und das Gastgeschäft vertragen sich nämlich
überhaupt nicht! Allerdings ist der Griesgram ein hartnäckiges Leiden und so
hatten sie mit vielen Widrigkeiten zu kämpfen. Nun waren die Kinder aber stur,
der Erwachsene hartnäckiger als der Griesgram und der Wirt irgendwie immun
gegen alles Schlechte. Die Verbündeten waren also gefunden, fehlte nur noch ein
Plan! Lange zerbrachen sie sich die Köpfe, bis eines Tages endlich eine Idee
entstand: Gemeinsam mit weiteren Erwachsenen, die sich plötzlich aus ihren
Verstecken trauten, planten sie ein großes Fest für alle griesgrämigen
Erwachsenen. Griesgrämige Erwachsene feiern aber keine Feste, also mussten sie
zu einer List greifen. In griesgrämigen Erwachsenen ruht stets und ständig die
Verantwortung für ihre Kinder. Also überzeugten die Kinder ihre Eltern, dass
sie unbedingt mit ihnen auf das Fest müssen und die Erwachsenen folgten dem Ruf
von Speis und Trank!
Die Eltern konnten vom Duft von frisch gebratenem Fleisch und von der
Verlockung manch edler Getränke abgelenkt werden und die Kinder machten sich
heimlich auf den Weg.
Es bildete sich eine eingeschworene Gemeinschaft aus fast 100 Leuten, die den
Griesgram endgültig aus ihrer schönen Stadt verbannen wollten. Auch einige
Erwachsene schlossen sich spontan an. Während die Eltern merkten, dass feiern
was Gutes ist, bahnte sich die Gruppe ihren Weg zum Domberg. Sie wussten von
den Trollen, sie wussten von der Hexe und sie wussten instinktiv, dass sie
deren Hilfe benötigten. Und dann war ja auch immer wieder die Rede von einem Schatz.
Das waren zwar nur Gerüchte, aber die Trolle waren ja schließlich viele Jahre
im Berg eingeschlossen und da lag die Vermutung nahe, dass sie auch das eine
oder andere Goldstückchen gefunden haben könnten. Genau konnte niemand sagen,
was sie erwartete, aber ein Zurück gab es nun nicht mehr!
Also
wagten sie den Aufstieg, es wurde langsam dunkel, der Vollmond verbarg sich
hinter einer dünnen Wolkendecke. Am ehemaligen Eingang zu den Troll-Gewölben
war nichts zu sehen. Nur ein leises Picken war zu hören. Einige begannen sich
ein wenig zu fürchten, aber in der Gemeinschaft waren alle sicher. Also ging es
weiter bergauf. Plötzlich erblickten sie am Wegesrand eine seltsame grüne
Gestalt, die sich mit einer großen Hacke am Berg zu schaffen machte. Sie sprachen
sie an, sie riefen sie an und sie rüttelten schließlich sogar an ihr. Keine
Reaktion! Der Troll hämmerte stur auf den Berg ein. Also ließen sie ihn dann
doch zurück und begaben sich direkt zur Ottilien-Kapelle. Jemand meinte, einen
Lichtschein erblickt zu haben.
Die Mutigsten wagten sich voran und plötzlich ertönte der Ruf: „Wir haben die
Hexe gefunden! Und tatsächlich; da hockte sie umgeben von einer Menge
Kartoffeln und einem nicht unerheblichen Haufen runder Steine. Ihre Finger
waren wund vom Schälen und sie hatte sogar Blasen am Hintern vom langen Sitzen.
Vor ihr dampfte ein Kessel mit einer seltsam grünlich schimmernden Flüssigkeit.
Hocherfreut über die Abwechslung lud sie die Kinder ein, einen Schluck ihres
stärkenden Zaubertrankes zu sich zu nehmen. Nachdem die Kinder ihr vom Fest
berichteten und sie auf eine riesige Portion herrlichen Fleisches einluden,
erklärte sie sich schließlich bereit, ihr Wissen zu teilen.Die Kinder erfuhren
so, dass die Trolle die einzige Möglichkeit waren, den Griesgram zu vertreiben.
Wenn man sie dazu bewegen konnte, ihr Werk direkt in der Stadt zu verrichten,
waren sie in der Lage, für Spaß und gute Laune zu sorgen. Weiter erklärte die
Hexe ihnen, dass man die Trolle nur bei Vollmond und mit einem speziellen
Zauberspruch an sich binden konnte. Zufällig gab es gerade Vollmond, blieb nur
noch der Zauberspruch:
Hexenhaus
und schwarzer Kater, mit dem Vollmond als Berater suchen die Kinder von Suhl
heut‘ die Trolle. Sie beweisen Mut – das ist das Tolle! Und mit dem Lied „ya-ye,
yi-yu, ya-ye, yi-yo“ – wird selbst der Griesgram wieder froh!“
Die Kinder lernten den Spruch und stärkten sich mit dem Zaubertrank. Zum
Abschied gab die Hexe den Kindern noch ihren Besen mit. Sie kannte die Sturheit
der Trolle und der Besen sollte als Beweis dienen, dass die Kinder wirklich im
ihrem Auftrag handelten. Selber wollte sie den beschwerlichen Weg nicht auf
sich nehmen.
Die Kinder erinnerten sich an den ersten Troll, dem sie begegnet waren und
beschlossen, den Zauber direkt auszuprobieren. Sie sagten den Spruch auf und
nichts passierte. Einige meinten, dass die Hexe sie belogen hatte, aber
irgendjemand sagte den Spruch ein weiteres Mal auf. Wieder passierte nichts und
die Enttäuschung war riesengroß! Gerade als sie sich auf den Rückweg machen
wollte, flüsterte ein besonders energisches Mädchen den Spruch ein drittes Mal
und siehe da, der Troll reagierte. Missmutig schulterte er seine Hacke und
schloss sich der Gruppe an. Die Kinder brachen in großen Jubel aus, der bis
weit nach Suhl zu hören war. Die feiernden Eltern schauten sich erstaunt um,
aber der Wirt lenkte sie schnell mit seinen Späßen ab.
Mit neuem Mut machten die Kinder sich nun auf die Suche nach weiteren Trollen.
Und siehe da, nach und nach sammelten sie die gesamte Meute ein. Einige
weigerten sich zwar zunächst mitzukommen, aber der Besen der Hexe überzeugte
schließlich auch die Widerspenstigen unter ihnen. Als sie meinten, alle Trolle
gefunden zu haben machten sie sich auf den Heimweg – es war ja schon
stockfinster und die Eltern sorgten sich bestimmt schon. Dummerweise verpassten
sie an einer Kreuzung den direkten Weg in die Stadt und drohten sich
hoffnungslos zu verlaufen.
Aber
vom Weg abkommen kann auch ein Glücksfall sein! In der Ferne entdeckten sie
erst einen Schimmer, der sich beim Näherkommen in einen hellen Schein
verwandelte! Ein besonders großer, schwer bewaffneter Troll versperrte den
Eingang zu einem tiefen Stollen. Er knurrte und grummelte die Kinder an um sie
daran zu hindern, einen Blick in den Stollen zu werfen. Die Kinder waren aber
viele und einigen gelang ein Blick am Troll vorbei. Und plötzlich wussten sie,
dass sie tatsächlich den legendären Schatz gefunden hatten. Sie waren der
Meinung, sich eine Belohnung verdient zu haben, aber an dem Troll kamen sie
nicht vorbei. Half also nur wieder eine List! Sie berichteten dem Troll vom
Fest in der Stadt und machten ihm das saftige Schwein schmackhaft. Nach langem
Hin und Her erklärte sich der Troll bereit, den Schatz in die Stadt schaffen zu
lassen. Seine Kumpane schulterten die Truhe und er ließ sie auf dem gesamten
Weg nicht mehr aus den Augen.
In diesem Moment lockerte die Wolkendecke auf und der volle Mond kam zum
Vorschein. Nun hatten sie genügend Licht, um den Heimweg zu finden. Unterwegs
tauchte mit einem Male die Hexe wieder auf und alle dachten, dass sie am Ende
doch einer List aufgesessen waren, aber die Hexe wollte einfach nur ihren Besen
wieder haben. Gemeinsam legten sie die letzten Meter zurück und kurz vorm Ziel
zündete die Hexe noch ein paar magische Lichter, die die Eltern verzaubern
sollten, damit sie nicht zornig mit den Kindern würden. Als die Trolle das
leckere Mahl rochen, gab es auch für sie keinen Halt mehr. Sie ließen Schatz
Schatz sein und machten sich über die leckeren Speisen her. Die Eltern schlossen
ihre Kinder in die Arme, der Schatz wurde gerecht aufgeteilt und alle
verbrachten den Rest der Nacht gutgelaunt.
So wurde der Griesgram aus Suhl verbannt – jedenfalls vorübergehend!